Potamos 014 - Muse by numbers: Interpolation syndrome?
Muse by numbers? Auf ihrem aktuellen Album "Will of the people" kopieren sich Muse ungeniert selbst.

Follow-Ups
- 9-Euro-Ticket: Der VRS (auch VRR & AVV) verlängert das "9-Euro-Gefühl" in NRW an den Wochenenden im September und Oktober und die kompletten Herbstferien (04-14. Okt.) ... ooooh, praktisch für die Spiel22 in Essen - die Brettspielmesse! (über die wir natürlich ausführlich potamieren werden ...)
- Der Literaturkritiker Dennis Scheck stellte seine Lieblings-Comics in Bochum vor - die längst überfällige Anerkennung der Comics als Hochkultur?
- Und jetzt zum Sport: Aktuell findet die Basketball-EM, u.a. in Köln statt. Die deutschen Männer stehen im Achtel- bzw. inzwischen im Viertelfinale
- Die Fussball-EM im vergangenen Sommer hat begeistert, ohne dass Männer auf dem Rasen waren. Wenn dieser Tage von Profi-Fußball berichtet wird, wird oft vergessen zu erwähnen, dass nicht Frauen auf dem Platz stehen.
Muse "Will of the People"
Song-by-Song-Review und Analyse
Auszug aus dem Promo-Text zum Album:
"Eigentlich wollte die Plattenfirma von Muse »nur« die Titelliste für eine potenzielle Best-of-Compilation haben. Aber darauf hatte das Trio um Sänger und Gitarrist Matt Bellamy irgendwie keine Lust. Stattdessen hat die Band kurzerhand neue Songs geschrieben, die jeweils auch auf einem der vorangegangenen Muse Alben hätten stehen können. So wurde »Will Of The People« quasi ein Best-of-Rückblick, nur eben mit brandneuen Songs."
(Hervorhebungen von Potamos) Hmm ... klingt irgendwie nach dem Schönreden von "Die Band musste schnell ein Album fertigstellen und hatte keine Zeit, sich etwas Originelles auszudenken."
Klassik-Interpolationen spielten bei Muse schon immer eine große Rolle. Dazu hat David Bennet ein informatives Video erstellt:
Die Songs auf "Will of the People" sind größtenteils nach bewährten Mustern gestrickt, so finden sich Anleihen an ältere Muse-Stücke in den Akkordstrukturen, dem Arrangement und den benutzten Sounds. Hier einige im Podcast angesprochenen Beispiele:
- "Will of the People": Glam-Rock-Nummer, erinnert an Marylin Mansons: "The beautiful people" und - wegen des Shuffle-Rhythmus' an die Muse-Songs "Uprising" und "Psycho", kommt aber fröhlicher daher (weil in Dur). Sehr simples, aber effektives Riff - hätte auch von Status Quo sein können!
- "Liberation": typische Bellamy-Piano-Power-Ballade, basierend auf Klassik-Vorbildern/-Harmonien á la Chopin. Vergleichbar mit Muse-Songs wie "United States of Eurasia", "The Globalist" und "Apocalypse now". Mit den multi-layer-"Queen"-Chören und Dynamik-Wechseln sind typisches Muse-Arrangement-MArkenzeichen enthalten.
- "Kill or be killed": Der Muse-Interpolations-Overkill! Ein typisches Beispiel für "Heavy Metal"-Muse (vgl. "Stockholm syndrome", "The Handler", "Reapers", oder "Assassin" - aber auch: "BYOB" von System of a Down). Das stark verstärkte Flüstern kennen wir auch schon aus "Supermassive Black hole".
- "Euphoria": Der Gitarrensound, das Tempo und die Verwendung von Synth-Arpeggios sind unverkennbar Anleihen an "Knights of Cydonia". Das Gitarren-Thema und die Akkorde sind teilweise fast identisch. In der Bridge-Melodie finden wir einen kleine-Sekunden-Vorhalt in Tateinheit mit einer lydischen Skala (Tritonus!) wie im Chorus von "Time is running out".
Fazit
Insgesamt fällt bei der Analyse der Songs auf, dass die Selbst-Interpolationen doch häufig nicht 1:1, sondern subtil verändert angelegt sind. Kompositorisch setzt Bellamy auf Bewährtes; setzt dies souverän, aber wenig originell um. So wirkt das Album als Ganzes zu glattpoliert, überproduziert, es enthält leider keine neuen "Über"-Songs. Unsere Prognose: Viele Songs werden es nicht ins langfristige Live-Repertoire schaffen. Die Highlights sind "Won't stand down", "Compliance" und "Will of the People".